Wo beginnt Sprache Gedicht zu werden? Wann ist man selbst Dichter*in? Solche Fragen verhandelt „Nachwasser“, das Langgedicht in 111 Notaten der 1986 in Ulm geborenen Frieda Paris, die heute in Wien lebt. Paris verwebt autobiografisches Material mit Lektürespuren ihrer „Wortmütter“, allen voran Friederike Mayröcker, mit der sie mehr als eine Namensverwandtschaft verbindet. Ihr poetisches Programm einer ausgewiesenen Vielstimmigkeit und eines Dialogs, der Leseerfahrungen als wichtige Elemente des eigenen Schreibens erfährt, steht in seinem spielerischen Umgang mit der Sprache auch in der Tradition von Else Lasker-Schüler, die die Trennlinien zwischen Leben und Schreiben zu tilgen versucht hat. Es ist eine vagabundierende Sprache, die Paris‘ Gedichte sprechen: „ich glaube nicht, dass wir in diesem Gedicht je/ ankommen, sind wir nicht ständig/ darin unterwegs? und drehen uns?“ Indem sie auf gefundene Billets, Einkaufszetteln etc. schreibt und dies mitbeschreibt, rückt sie auch die Materialität des Schreibaktes in den Fokus, schauen wir direkt in das Labor dieser Autorin, in dem es witzig und turbulent zugeht. (B. T.)
Veröffentlichung (zuletzt):
– „Nachwasser“, Gedichte, Voland & Quist, Berlin 2024