Eine Familie aus Kiew verkauft russische Spezialitäten in Leipzig. Wodka, Pelmeni, SIM-Karten, Matrosenshirts – und damit ein osteuropäisches Zusammengehörigkeitsgefühl. Doch nach der Pandemie und dem russischen Überfall auf die Ukraine gehen die Geschäfte immer schlechter. Die Mutter, indoktriniert vom russischen Staatsfernsehen, steht an der Seite Putins. Ihr Sohn auf der Seite der Wahrheit. Doch alle Versuche, seine Mutter davon zu überzeugen, helfen nicht. Dann reist der Sohn und Ich-Erzähler mitten im Krieg nach Kiew. „Russische Spezialitäten“ erzählt davon, wie der Angriffskrieg auf die Ukraine mentale Gräben durch Familien und Freundschaften zieht. Was Dmitrij Kapitelman beim Erzählen auszeichnet, ist sein tragikomischer Humor, der das Absurde und Lachhafte an den Umständen freilegt, ohne dabei seinen empathischen Blick zu verlieren. Er ist ein Meister darin, das Schwere etwas leichter erscheinen zu lassen.
Kapitelman wurde 1986 in Kiew geboren und kam im Alter von acht Jahren als „jüdischer Kontingentflüchtling“ mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Politikwissenschaft und Soziologie an der Universität Leipzig und absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Als Schriftsteller und freier Journalist arbeitet er in Berlin und veröffentlicht Musik unter dem Künstlernamen „Dheema“. „Russische Spezialitäten“ ist Kapitelmans dritter autofiktionaler Roman. Im Debütroman „Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters“ erzählt er von seinem Leben in Deutschland und einer Reise mit seinem Vater nach Israel auf der Suche nach ihrer jüdischen Identität. Seinen Durchbruch erzielte Dmitrij Kapitelman 2021 mit dem vielgelesenen zweiten Roman „Eine Formalie in Kiew“. Darin beschreibt er humorvoll seine Einbürgerung und die vielen bürokratischen Hürden, denen er sich in Leipzig und Kiew ausgesetzt sieht, um endlich Deutscher zu werden.
Dirk Kruse
Auszeichnungen u. a.: Klaus-Michael Kühne-Preis (2016), Buchpreis Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag (2021).
Veröffentlichungen (zuletzt):
– „Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters“, Roman, Hanser Berlin, 2016
– „Eine Formalie in Kiew“, Roman, Hanser Berlin, 2021
– „Wie wir schreiben wollen“, Texte von D. Kapitelman u. a., Hanser Berlin, 2022
– „Russische Spezialitäten“, Roman, Hanser Berlin, 2025