Der Journalist Fikri Anıl Altıntaş, 1992 in Wetzlar geboren, ist ein Spezialist für heiße Eisen, denn es gibt kaum eines, das er nicht anpackt: Von toxischer Männlichkeit über muslimisch-migrantisch markierte Maskulinität bis zu Antifeminismus interessiert ihn alles, was mit der Dekonstruktion von Rollenbildern zu tun hat. In Artikeln, Seminaren, Vorträgen und Podcasts stellt er sich immer wieder der Diskussion. Er ist ehrenamtlich als #HeForShe Deutschland Botschafter von UN Women Deutschland aktiv. Doch er wagt sich auch auf das Terrain des Literarischen, und vielleicht lassen sich dort bestimmte Fragen sehr viel besser ausloten. „Zwischen uns liegt August“ heißt sein zweiter Roman, der sich um eine türkisch-deutsche Familie dreht, vom herannahenden Tod der Mutter handelt und die verschüttete Geschichte ihrer Herkunft freizulegen versucht. Die erzählerische Bewegung ist eine doppelte: Der Sohn Anil umkreist den drohenden Abschied und dessen Folgen. Auf einer zweiten Zeitebene steht die Mutter Mürüvvet selbst im Mittelpunkt, wie sie 1973 in der Westtürkei nach ihrem Platz im Leben sucht. Als durch die politischen Umbrüche alles ins Rutschen gerät, will ihr Vater sie nach Deutschland mitnehmen. Aber seine Tochter hat ihre eigenen Träume, bis das fremde Land dann doch zu einer Obsession wird. Dass man denjenigen, die man am meisten liebt, oft fremd bleibt, ist ein Thema dieses fesselnden Romans.
Maike Albath
Veröffentlichungen (zuletzt):
– „Im Morgen wächst ein Birnbaum“, Roman, btb, München 2023
– „Geografie der Unruhe“, Gedichte, Sukultur, Berlin 2024
– „Ein ganz normaler Tag“, Texte von F. A. Altıntaş u. a., Hrsg. von J. Apraku, Carlsen, Hamburg 2024
– „Vorausschauendes Fahren“, Kurzgeschichte, in: „Das Gramm #26“, Berlin 2025
– „Zwischen uns liegt August“, Roman, C.H. Beck, München, August 2025