Zur doppelten Preisträgerin wurde die Österreicherin Natascha Gangl bei den diesjährigen Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt gekürt, sie erhielt sowohl den Publikumspreis als auch den Hauptpreis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs. In ihrem Text „DA STA“ forscht sie einem NS-Verbrechen im Grenzgebiet der Südoststeiermark nach, eine Region, in der sie selbst aufgewachsen ist. Wie bei keinem anderen Text des Wettbewerbs waren Auftritt und Inhalt, Klang und Geschichte untrennbar miteinander verbunden. In „DA STA“ stellt ein Bauer einen Gedenkstein auf, und Gangl stellt die Frage, was eigentlich unsere Erinnerung prägt und welche Rolle die Sprache dabei spielt. Sie horcht den Spuren des Verbrechens buchstäblich nach und klopft die Sprache sorgfältig auf Klänge, Formulierungen und Doppeldeutigkeiten ab. So schwingt schon allein im Titel sowohl „der Stein“ mit als auch „da stehe ich“. Auch Sätze wie „WOU G´HEASTN DU HI?“ sind erfreulich mehrspurig und lassen sich als „Wo gehörst denn du hin?“ oder auch „Wo hörst du hin?“ interpretieren. Diese Autorin hört ganz genau hin, geprägt von der Mehrsprachigkeit der slowenisch-österreichischen Grenzregion. Sie ist vielfach ausgezeichnete Sprachkünstlerin, schreibt Hörspiele und Radioessays. Eine Autorin, die mindestens genauso komponiert, wie sie schreibt.
Anne-Dore Krohn
Auszeichnungen u. a.: Literaturstipendium des Landes Steiermark (2017), Hauptpreis des Berliner Hörspielfestivals (2018), ORF-Hörspielpreis (2020), Projektstipendium des BMKÖS (2024), Ingeborg-Bachmann-Preis, BKS Bank-Publikumspreis (2025).
Veröffentlichungen (zuletzt):
– „Wendy fährt nach Mexiko“, Ritter, Klagenfurt 2015
– „Das Spiel von der Einverleibung. Frei nach Unica Zürn“, starfruit publications, Fürth 2020
– „Frische Appelle & andere Sprachtexte“, Ritter, Klagenfurt, Herbst 2025