Kristine Bilkaus Bücher sind moderne Gesellschaftsromane. Zart, poetisch, ohne Pomp und großen Gestus fängt sie klug den Zeitgeist zwischen den Buchdeckeln ein, schon in ihren Romanen wie „Die Glücklichen“ oder „Nebenan“. Ihr Roman „Halbinsel“, mit dem sie dieses Frühjahr den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik gewann, ist eine Mutter-Tochter-Geschichte. Die erwachsene Tochter zieht nach einem Zusammenbruch zurück zur Mutter, in das Haus ihrer Kindheit auf einer Halbinsel an der Nordsee. Die Mutter ist Ende 40 und gerade dabei, sich umzuorientieren – und auf einmal lebt sie wieder mit ihrer Tochter unter einem Dach. Diese Neubegegnung der beiden beschreibt Bilkau mit großem psychologischen Feingefühl. Sie erzählt von Nähe und Distanz zwischen Eltern und Kindern, von eingespielten und neu verhandelten Rollen. Alte Missverständnisse werden ausgeräumt, und die Tochter holt buchstäblich die Vergangenheit aus dem Keller.
Kristine Bilkau erzählt weit über die Halbinsel hinaus. Auch der Klimawandel spielt – unaufdringlich – eine große Rolle. Die dritte Hauptfigur des Buches ist die flache norddeutsche Landschaft, die ihr Verschwinden bereits in sich trägt. Ein Roman über das Älterwerden, über Aufbrüche, Mut und Zuversicht und die Frage, wie man sich zur Zukunft ausrichtet.
Anne-Dore Krohn
Auszeichnungen u. a.: Literaturstipendium des Künstlerdorfs Schöppingen (2010), Literaturförderpreis Hamburg (2013), Franz-Tumler-Literaturpreis, Klaus-Michael-Kühne-Preis (2015), Stipendium der Märkischen Kulturkonferenz (2016), Hamburger Literaturpreis (2021), Preis der Leipziger Buchmesse (2025).
Veröffentlichungen (zuletzt):
– „Die Glücklichen“, Roman, Luchterhand, München 2015
– „Eine Liebe, in Gedanken“, Roman, Luchterhand, München 2018
– „Die kurze Zeit der Magischen Logik“, Erzählung, in: „Sagte sie. 17 Erzählungen über Sex und Macht“, Hrsg. von L. Muzur, Hanser Berlin 2018
– „Nebenan“, Roman, Luchterhand, München 2022
– „Halbinsel“, Roman, Luchterhand, München 2025